Interview mit Lech Antonio Uszynski und Maja Weber

Maja, Du spielst bei den kommenden Konzerten im März in der Tonhalle St. Gallen und im Dolder in Zürich das Cellokonzert von Robert Schumann. Was sind für Dich die Besonderheiten beim Solo-Konzert im Vergleich zu Deiner Tätigkeit im StradivariQuartett oder im StradivariOrchester?

Maja: Die Auseinandersetzung mit dem Werk und insbesondere mit der eigenen Stimme ist bei einem Solokonzert um vieles intensiver. Zuerst sind die technischen Ansprüche natürlich viel höher, das heisst ganz einfach ein viel grösserer Zeitaufwand. Dann spielt sicherlich als Cellistin auch immer wieder die Kraft eine Rolle, es braucht einfach mehr davon. Und der grosse Unterschied im Vergleich zum Quartettspiel ist, dass ich als Solistin die führende Rolle über das gesamte Stück habe, im Gegensatz zum Quartett, bei dem ich kleine solistische «Ausflüge» mache und sonst mehr eine unterstützende oder folgende Rolle habe, was wegen des ständigen Wechsels übrigens nicht immer einfacher ist.

Und Du, Lech, spielst die «Märchenbilder» als Solist. Was ist für dich dabei speziell, wenn Du es mit Deiner sonstigen Rolle im Quartett vergleichst?

Lech: Jede Tätigkeit ist sehr reizvoll, und besonders als Bratschist liebt man auch genau diese Vielseitigkeit. Etwas Besonderes sind dann natürlich die Auftritte als Solist, wo ich dann meine musikalische Persönlichkeit und alle Farben der Viola vollumfänglich präsentieren kann.

Was spricht Euch an den jeweiligen Werken musikalisch am meisten an?

Maja: Es ist ein unglaublich gesangliches Werk, es hat so wunderbare Melodien, die fast endlos wirken. Es vereint für mich die gesamte musikalische Sprache, die wir über unsere Schumann-Saison erleben. Diese tiefe Wärme, die eleganten und hellen Girlanden, Bach’sche Kontrapunkte und auch sehr kraftvolle Ausbrüche, diese wieder eng gefolgt von unsagbar intimen Momenten und, wie so oft bei Schumann, ganz viel Humor. Ein sehr breites Spektrum. Schumann nutzt übrigens auch den gesamten Ton-Umfang eines Cellos von tief bis sehr hoch intensiv.
Lech: Die 4 «Märchenbilder» sind sehr kontrastierend im Charakter, und interessanterweise rahmt Schumann die zwei raschen energievollen Sätze mit einem traumhaften lyrischen Anfangssatz ein und lässt den Zyklus mit einer Art Träumerei ausklingen.

Und was macht am meisten Spass?

Lech: Genau diese Mischung aus romantischer Lyrik kombiniert mit lebhaften schnellen Sätzen, welche in diesem Werk besonders virtuos sind.
Maja: Am meisten Spass macht mir ganz allgemein in der Musik immer der Umschwung in den Stimmungen, das können ganz kleine Stimmungswechsel sein, grosse Entwicklungen oder ganz abrupte. Diese einzuleiten und dann die neue Stimmung zu finden, ist für mich eine ganz grosse Freude. Da komme ich in diesem Konzert sehr auf meine Kosten!

Was ist Euer Zugang zu Schumanns Werk? Was war das erste Stück von ihm, das Ihr gespielt habt, und welche Emotionen verbindet Ihr damit?

Maja: Das erste Stück war wahrscheinlich das Klavierquintett, dann sehr zeitnah auch das Klavierquartett oder das A-Dur Streichquartett. Der Zugang zu Schumann war immer sehr einfach für mich. Auch in der Musikerfamilie haben wir immer viel und gerne Schumann gespielt.
Lech: Für mich war es sein berühmtes Klavierquartett. Anfangs habe ich es noch als Geiger gespielt, später natürlich als Bratschist. Ich glaube, wenn man einmal den langsamen Satz dieses Klavierquartetts gespielt oder gehört hat, ist man schockverliebt in Schumanns Klangwelt.

Ihr beschäftigt Euch zusammen mit den weiteren StradivariMusiker*innen nun schon fast ein Jahr lang intensiv mit Schumanns Kammermusik-Werk. Inwiefern hat sich Euer Zugang zu seiner Musik während dieser Zeit verändert?

Maja: Wie erwähnt kannte ich Schumanns Musik bereits ziemlich gut, aber ich denke in diesem Jahr – wir sind ja programmatisch erst knapp über der Mitte – hat sich doch einiges noch mehr «geklärt». Wenn ich das fast gesamte Repertoire so engmaschig zusammen «spüre», kann ich es etwas besser einordnen. Die musikalische Sprache kommt mir öfters bekannt vor, ich habe das Gefühl, dass ich Schumanns Aussage schneller folgen kann oder sie besser interpretieren kann.
Lech: Mein Zugang hat sich nicht unbedingt verändert. Es ist für mich vor allem ein Gefühl der Dankbarkeit und Freude, innerhalb dieser kurzen Zeit so viele seiner Meisterwerke spielen zu dürfen und die Verbindung der einzelnen Kompositionen zueinander intensiv zu spüren.

Wenn das Cellokonzert eine Farbe hätte, welche wäre es?

Maja: Es wären für mich alle Orange-Töne: von den Farben Rosa und Apricot über Pfirsich bis hin zu Terracotta und Braun.


Maja, Normalerweise trittst Du und Deine Kollegen vom StradivariQuartett in kleineren Besetzungen auf. Wie reiht sich das Orchesterprogramm in Dein weiteres Programm ein?

Maja: Die Orchesterprogramme sind allgemein in meiner Programmierung eine Bereicherung oder Ergänzung. So können wir eine weitere Perspektive des Schwerpunktkomponisten hineinbringen. Es ist aber auch für uns «Solisten aus den eigenen Reihen» eine Bereicherung: Es ist für uns alle eine Gelegenheit, gemeinsam in einem grösseren Klangkörper zu musizieren. Und ich denke, auch für unser Publikum gilt dieselbe Abwechslung: ein erweitertes Repertoire und einzelne Musiker in einer anderen Rolle zu hören und den orchestralen Klang innerhalb der StradivariFESTE zu erleben.

Was erhoffst Du Dir von den beiden Konzerten in St. Gallen und Zürich, Maja?

Maja: Ich erhoffe mir inspirierte Zuhörer, die ich mit möglichst vielseitigen Emotionen abholen kann, freudige Gesichter, beseelte Augen und danach beim Apero eine herzliche Stimmung mit angeregten Gesprächen.